Die Geschichte des Ferdinandmarktes
Berlin und seine umliegenden Dörfer boomten zur Jahrhundertwende um 1900. Die Industrialisierung verlangte Arbeitskräfte, die reichlich in die Hauptstadt strömten. Die schnell wachsende Zahl der Bevölkerung musste versorgt werden. Albert Marks war als Sohn eines Heringshändlers das treiben auf Märkten bekannt, als er sich mit nur 19 Jahren als Kartoffelhändler auf dem Winterfeldmarkt selbständig machte. Im Jahr 1903 pachtete er den ersten Markt, die Eisbahn in Boxhagen, und erwirtschaftete mit eisernem Willen und kaufmännischem Geschick ein kleines Vermögen, mit dem er 3 Jahre später sein erstes Grundstück zur Eröffnung eines Privatmarktes erwarb. Bald kamen weitere Märkte hinzu, die zweimal wöchentlich bzw. täglich geöffnet hatten. Da die Markthändler größtenteils noch unmotorisiert waren, wurden die Waren der bis zu 1200 Händler durch die betriebseigene Spedition in großen Kisten von Markt zu Markt transportiert.
Als der Pachtvertrag für den Markt auf dem Kranoldplatz auslief, gründete Albert Marks den privaten Ferdinandmarkt gegenüber
Schnell machte sich Marks als tatkräftiger Unternehmer einen Namen und wurde so 1908 nach Groß-Lichterfelde gerufen, um dort den neu zu eröffnenden Markt am Kranoldplatz zu betreiben. Als sein Pachtvertrag auslief und der städtische Markt von einem eigenen Marktmeister betreut wurde, kaufte Albert Marks das 1500 m² große benachbarte Grundstück in der Ferdinandstaße und eröffnete dort den privaten Ferdinandmarkt. Eine Konkurrenzsituation zum benachbarten Kranoldmarkt war nicht zu befürchten, da dieser damals schon so stark frequentiert war, dass die Händler des privaten Marktes nur als Erweiterung und Bereicherung des Angebotes angesehen wurden.
Mit weiteren 27 privaten Märken in fast allen Bezirken Berlins und seiner florierenden Spedition schuf sich Marks in den darauffolgenden Jahren ein kleines Imperium, das sogar ein eigenes Erholungsheim, eine prächtige Gründerzeit-Villa auf Usedom, für seine Angestellten betrieb. Dem schnell expandierendem Unternehmen war allerdings keine längere Zeit friedlichen Handelns vergönnt. Zwar wurde Albert Marks zu Beginn des Ersten Weltkrieges die verantwortungsvolle Aufgabe der Lebensmittelverteilung übertragen, aber zu dessen Ende kam der Handel fast gänzlich zum Erliegen. Dem Wiederaufbau des Marktgeschäfts ab 1918 folgte schon innerhalb weniger Jahre die Inflation, über die Marks aber mit zäher Energie seine Märkte retten konnte.
Danach konnte sich das Geschäft etwa ein Jahrzehnt lang ungehindert entwickeln, bis die nationalsozialistische Regierung Deutschlands durch die Boykottierung, Verfolgung und Ermordung vieler jüdischer Händler (vorwiegend im Textilhandel) das Marktgeschehen schwer beeinflusste. Das Ende des Zweiten Weltkrieges ließ schließlich nur noch Trümmer des einstigen Marktimperiums zurück: Sämtliche Fahrzeuge waren verbrannt oder vernichtet, die Spedition in Tempelhof mit allen Einrichtungen zerstört. Die zum Unternehmen gehörenden Wohnhäuser, Hallen und Garagen nur noch Ruinen und auf den leeren verlassenen Märkten standen nur noch zerfallene Buden, die in den nächsten Wintern von der notleidenden Bevölkerung gestohlen und als Brennmaterial verheizt wurden. Der Ferdinandmarkt wurden von den Alliierten beschlagnahmt und als Lager benutzt. Marks gelang es aber seine Grundstücke über den Krieg, die Blockade und die Währungsreform zu halten, sodass 1948 mit dem Wiederaufbau begonnen werden konnte. Im gleichen Jahr übernahm sein Enkel Walter Degenhardt die Leitung des Ferdinandmarktes.
(schwarz/weiß Bilder des alten Ferdinandmarktes von R. H. Schwesig)
Weihnachtsmarkt auf dem Ferdinandmarkt
Immer am 1. Advent findet unter dem großen Dach des Ferdinandmarktes am Kranoldplatz der traditionelle Weihnachtsmarkt in Lichterfelde Ost statt. In der Zeit von 11 bis 18 Uhr trifft sich hier
der Kiez bei Bratwurst, Glühwein und netten Gesprächen. Einige der umliegenden Geschäfte öffnen an diesem Tag ebenfalls und stimmen mit ihren festlichen Dekorationen auf die schönste Zeit des Jahres ein.